Vergleichsmessungen am Kapillarviskosimeter und an Rotationsviskosimetern
Von Ulrike Steiner und Wolfgang Woiwode
Viskositätsbestimmungen können laut Arzneibuch nach verschiedenen Verfahren vorgenommen werden. Bei den unter Ph. Eur. 2.2.9 beschriebenen Kapillarviskosimetern wird die Zeit gemessen, in der das Niveau der Probelösung unter Einwirkung der Schwerkraft in einem Kapillarrohr von einer höheren Marke zu einer niedrigeren absinkt. Bei den unter Ph. Eur. 2.2.10 beschriebenen Rotationsviskosimetern wird die Kraft gemessen, die erforderlich ist, um einen Drehkörper mit konstanter Winkelgeschwindigkeit in der Probe rotieren zu lassen. Dabei wird im Ph. Eur. zwischen absoluten Messsystemen mit definiertem Schergefälle und relativen Messsystemen, bei denen dies nicht gegeben ist, unterschieden. Wir führen im eigenen Labor routinemäßig Viskositätsbestimmungen mit diesen drei Systemen durch. In diesem Zusammenhang kam uns die Idee, Proben exemplarisch mit allen drei Systemen zu vermessen. Unser Rotationsviskosimeter Haake VT550 ist ein Vertreter eines absoluten Viskosimeters, bei dem die Probe in einem Spalt zwischen einem inneren und äußeren Zylinder geschert wird. Das Rotationsviskosimeter Brookfield LVDV-III Ultra besitzt dagegen als Spindelviskosimeter ein relatives Messsystem. Für die Kapillarviskosimetrie verwenden wir Ubbelohde Viskosimeter. Die folgende Tabelle führt die Ergebnisse auf, die wir mit zwei Produkten erhalten haben:
Dynamische Viskosität [mPa×s] | ||||
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Probe | Ubbelohde Viskosimeter | Haake VT550 | Brookfield LVDV-III Ultra | Spezifikation [mPa×s] |
Polyethylenglykol 400 | 119,4 | 119,8 | 119,8 | 105 bis 130 |
Zubereitung | 38,8 | 31,0 | 46,7 | ≥ 20 |
Wir haben zunächst Polethylenglykol 400 gemessen, den Vorgaben der Arzneibuchmonographie „Macrogols“ folgend in einem Kapillarviskosimeter. Interessanterweise haben wir auch mit beiden Rotationsviskosimetern sowohl im absoluten als auch im relativen Messsystem praktisch das gleiche Ergebnis wie mit dem Kapillarviskosimeter erzielt und damit natürlich auch die Spezifikation erfüllt.
Auch bei einer niedrig viskosen Zubereitung, die wir routinemäßig am Rotationsviskosimeter Haake VT550 prüfen, haben wir mit allen drei Verfahren die Spezifikation erfüllt.
Die folgende Abbildung zeigt exemplarisch eines der verwendeten Ubbelohde Kapillarviskosimeter, den Drehkörper NV mit Messbecher des Rotationsviskosimeters Haake VT550 sowie eine der verwendeten Spindeln des Rotationsviskosimeters Brookfield LVDV-III Ultra mit Schutzbügel und Becherglas, die für diese Untersuchung verwendet wurden.
Die aufgezeigten Befunde stellen Einzelbefunde für diese ausgewählten Produkte dar und sind daher nicht repräsentativ und übertragbar auf andere Produkte. In dieser isolierten Untersuchung konnte jedoch gezeigt werden, dass mit jedem der drei Verfahren Ergebnisse innerhalb der Spezifikation erzielt werden.
Es ist bekannt, dass Partikelgrößenbestimmungen unterschiedliche Ergebnisse liefern können, wenn sie mit dem Schüttelsieb, dem Mikroskop, oder einem Lasergranulometer ausgeführt werden. Dies ist sofort nachvollziehbar: Die Maschen des Schüttelsieb sind nun mal zweidimensional, mit dem Absolutverfahren Mikroskop können nur kleine Stichproben bearbeitet werden, und in der Lasergranulometrie wird ein Beugungsmodell herangezogen, das fallweise mit Korrekturfaktoren substanzspezifisch zu präzisieren ist. Vielleicht bedingten diese Erfahrungen eine Art Erwartungshaltung, dass unterschiedliche Verfahren auch unterschiedliche Ergebnisse liefern können. Im Fall der Viskositätsbestimmung, der Messung einer physikalischen Kenngröße, haben wir damit die eigene Erwartungshaltung widerlegt. Als praktische Konsequenz sehen wir die Möglichkeit, im Fall eines eingeschränkten Geräteparks nun doch das einzige, verfügbare Gerät zu verwenden, wenn die Konformität der Ergebnisse im Vergleich zum methodisch vorgegebenen Gerät validiert wurde.