Ist die Partikelmessung nach Ph. Eur. 2.9.19 und USP <788> farbenblind? – Partikelanalysen mittels Laserlichtblockade in gefärbten Probelösungen
Von Ulrike Steiner und Wolfgang Woiwode
Key Words: Ph. Eur 2.9.19, USP <788>, nichtsichtbare Partikel, Subvisible Particles, Laserlichtblockade, Light Blockage, Farbvergleichslösungen, Ph. Eur. 2.2.2, Degree of coloration of liquids
Das Verfahren der Laserlichtblockade (Light Obscuration Particle Count) nach Ph. Eur. 2.9.19 und USP <788> ist eine arzneibuchbeschriebene Methode zur Bestimmung nichtsichtbarer Partikel in Injektabilia, Infusionslösungen sowie Wasser für Injektionszwecke (WFI) und hat in den Arzneibüchern Vorrang gegenüber dem lichtmikroskopischen Verfahren (Microscopic Particle Count Test). Die Arzneibücher nennen jedoch Beispiele, bei denen die Methode der Lichtblockade nur bedingt geeignet oder nicht anwendbar ist, z.B. bei trüben oder viskosen Proben oder auch bei Proben, die beim Ansaugen in den Sensor Luft- bzw. Gasblasen erzeugen. Farbige Prüflösungen werden in Ph. Eur. 2.9.19 und USP <788> nicht behandelt.
Wir haben daher untersucht, ob auch die Färbung von Prüflösungen einen Einfluss auf das Ergebnis der Partikelmessungen hat. Denkbar ist, dass bei gefärbten Zubereitungen Partikelpopulationen nicht erfasst werden, die andererseits aber nach Verdünnung vor dem dann helleren Hintergrund detektiert werden könnten. Wir haben zunächst zwei gefärbte Zubereitungen unverdünnt und in abgestuften wässrigen Verdünnungen mit unserem Partikelmessgerät HIAC 9703 (HACH Ultra Analytics) vermessen. Die Ergebnisse wurden um die Partikelfracht des Lösungsmittels, den Blindwert, korrigiert. Die untenstehenden Tabellen zeigen die Ergebnisse hier normiert auf 5 ml für die arzneibuchrelevanten Größenklassen ≥10 µm und ≥ 25 µm sowie informativ für die Größenklassen ≥ 2 µm und ≥ 5 µm:
Gelbe ZubereitungKumulierte Counts / 5 ml (Mittelwert aus n = 2-4) | unverdünnt | (4:10) 10 ml ad 25 ml | (2:10) 5 ml ad 25 ml | (1:10) 2,5 ml ad 25 ml |
≥ 2 µm | 425 | 429 | 446 | 457 |
≥ 5 µm | 81 | 89 | 108 | 127 |
≥ 10 µm | 8 | 11 | 71 | 71 |
≥ 25 µm | 0 | 2 | 2 | 0 |
Orangefarbige Zubereitung Kumulierte Counts / 5 ml (Mittelwert aus n = 2-4) | unverdünnt | (4:10) 10 ml ad 25 ml | (2:10) 5 ml ad 25 ml | (1:10) 2,5 ml ad 25 ml |
≥ 2 µm | 779 | 648 | 721 | 684 |
≥ 5 µm | 188 | 105 | 120 | 104 |
≥ 10 µm | 34 | 10 | 12 | 14 |
≥ 25 µm | 2 | 0 | 0 | 0 |
Die Ergebnisse der gelben Zubereitung sind der besseren Vergleichbarkeit wegen ebenfalls pro 5 ml angegeben. Sowohl für die unverdünnte Zubereitung als auch für alle Ver-dünnungsstufen erfüllt die gelbe Zubereitung jedoch die Vorgaben des Arzneibuches für Gebinde > 100 ml von max. 25 Partikel ≥10 µm/ml bzw. max. 3 Partikel ≥ 25 µm/ml. Für die orangefarbige Zubereitung in dem Gebinde 5 ml-Ampulle wurde sowohl für die unverdünnte Zubereitung als auch für alle Verdünnungsstufen die Vorgaben des Arzneibuches für Gebinde ≤ 100 ml von max. 6000 Partikel ≥10 µm bzw. max. 600 Partikel ≥ 25 µm pro Gebinde erfüllt. Bei beiden Zubereitungen liegen die gefundenen Partikelzahlen im Rahmen der statistischen Bandbreite innerhalb der Spezifikation der Ph. Eur. 2.9.19 und USP <788>.
In einem weiteren Versuchsansatz haben wir nach Ph. Eur. 2.2.2 hergestellte, gelbe Farbvergleichslösungen sowie das farblose Lösungsmittel 10 g HClc /l mit Mikropartikeln 20 µm dotiert und die in der Größenklasse ≥ 10 µm gefundenen Partikel im Lösungsmittel und in den Farbvergleichslösungen miteinander verglichen. Die untenstehende Tabelle zeigt die Ergebnisse für die gelben Farbvergleichslösungen (Y):
Farbvergleichslösungen gelb (Y) + Mikropartikel 20 µm (n = 6) | Lösungs-mittel dotiert (Kontrolle) | Y6 dotiert | Y4 dotiert | Y2 dotiert |
Kumulierte Counts / 5 ml ≥ 10 µm bezogen auf die Kontrolle | 100 %* | 83 % | 99 % | 101 % |
* 100 % = 6534 kumulierte Counts / 5 ml ≥ 10 µm (Mittelwert aus n = 10)
Bei beiden Zubereitungen sind die gefundenen Partikelzahlen unabhängig von der Verdünnung und liegen innerhalb der Spezifikation der Arzneibücher. Bei den mit Mikropartikeln dotierten Farbvergleichslösungen wurden Werte erhalten, die direkt vergleichbar mit den Ergebnissen der farblosen Kontrollsuspension sind. Die Ergebnisse zeigen, dass die hier behandelten Färbungen keinen Einfluss auf die Partikelmessung nach dem Prinzip der Laserlichtblockade haben. Das Verfahren der Laserlichtblockade ist so wie hier beschrieben auch zur Untersuchung der Partikelkontamination in gefärbten Prüflösungen geeignet.
Alle Kreter lügen, sagen die Kreter. Ob die Partikelmessung nach Ph. Eur. 2.9.19 und USP <788> farbenblind ist, wissen wir , vermutlich auch die Kreter, noch immer nicht. Nach unseren Erkenntnissen ist sie aber nicht partikelblind durch Färbung der Prüflösung.